Black Bag – Doppeltes Spiel

  Freitag, 20. Juni 2025 - 20:30 bis - 22:10
Kategorien: Komoedie, Spionagefilm, UPI, Scope
Treffer: 20




Eintri
tt: 7,50 Euro

USA 2025
Kinostart: 15. Mai 2025
99 Minuten
FSK: ab 12 Jahren

Regie: Steven Soderbergh
Von Steven Soderbergh liefen im achteinhalb bislang: Erin Brockovich, Logan Lucky, Che – Revolución, Che – Guerrilla

Darsteller:
Cate Blanchett (Kathryn) · Michael Fassbender (George Woodhouse) · Regé-Jean Page (Col. James Stokes) · Marisa Abela (Clarissa Dubose) · Naomie Harris (Dr. Zoe Vaughan) · Tom Burke (Freddie Smalls) · Pierce Brosnan (Arthur Stieglitz) · Gustaf Skarsgård (Philip Meacham) · Kae Alexander (Anna Ko) · Bruce MacKinnon (Major) · Orli Shuka (Andrej Kulikow) · Ambika Mod (Angela Childs) 


Auszeichnungen:


Filmwebseite, WIKIPEDIA 

Kritiken: 
Kritik von Karsten Munt für den Filmdienst (3,5 von 5 Sternen)
Kritik von Paula Ruppert für artechock film
Kritik von Ingrid Beerbaum für Kunst und Film (6 von 6 Sternen)
Kritik von Rouven Linnarz für Filmrezensionen.de (8 von 10 Sternen)
Kritik von Jasper Stratil für critic.de
Kritik von Gunnar Decker für nd-aktuell.de
Kritik von Dietmar Kanthak für EPD-Film (5 von 5 Sternen)
Kritik von Peter Gutting für Kino-Zeit.de (4 von 4 Sternen)
Kritik von Oliver Kube für Filmstarts.de (4,5 von 5 Sternen)
Kritik von Andreas Kilb für die FAZ
Kritik von Adam Soboczynski für die Zeit
Kritik von Fabian Tietke für die taz
Kritik von Jan Küveler für die Welt
Kritik von Bert Rebhandl für den Wiener Standard
Kritik von Alexandrea Seibel für den österreichischen Kurier
Kritik von Wolfgang Höbel für den Spiegel
Kritik von Andrew Roth für den Guardian/Freitag
Kritik von Artur Bertelsmann für die Berliner Zeitung


 

Trailer (144 Sekunden):

   

Ausführliche Kritik von Karsten Munt für den Filmdienst
Eleganter Thriller um einen britischen SIS-Agenten, der auf der Suche nach einem Maulwurf auch seine eigene Ehefrau verdächtigen muss. 

Der Ausdruck „Black Bag“ steht für ein fundamentales Konzept der Geheimdienstarbeit: Informationen werden nur an diejenigen weitergegeben, die es betrifft und die die notwendige Sicherheitsfreigabe haben. Für alle anderen ist der Sachverhalt ein „Black Bag“: Sie erhalten nur den Begriff als Antwort vorgesetzt. Das gilt auch für Partner:innen.

Im Privatleben taugt der Begriff aber noch für deutlich mehr als für schlichten Datenschutz; er deckt quasi jede Leerstelle oder jedes Fragezeichen bequem und einfach zu. Für George (Michael Fassbender) und Kathryn (Cate Blanchett) ist das Frage-und-Antwort-Spiel nicht nur Berufsalltag, sondern auch gut eingespielte Eheroutine. Wo verbringt Kathryn die nächsten Tage und Nächte? Black Bag. Wen trifft sie? Black Bag. Für das Agenten-Paar stellt das eigentlich kein Problem dar: Kathryn und George schaffen es, im Gegensatz zu den Kolleg:innen, die ebenfalls allesamt in diversen Beziehungen verbandelt sind, die Monogamie am Leben zu halten. Tatsächlich ist es mehr ihre langlebige Ehe als ihre langlebige Spionage-Karriere, dem das Paar seinen Legendenstatus im inneren Zirkel des britischen Secret Intelligence Service (SIS) verdankt.

Nicht lang, aber delikat

Georges neuester Auftrag fordert den Bund ein weiteres Mal heraus. Eine geheime Software des SIS ist in falsche Hände geraten. Die geopolitischen Konsequenzen sind so enorm, wie sie letztlich egal sind. Irgendwann heißt es, das gestohlene System „Severus“ könne Russland womöglich zwingen, seine Invasion in der Ukraine zu beenden. Aber im Gespräch, das George mit dem Vorgesetzten Philip (Gustaf Skarsgård) führt, geht es die meiste Zeit dann doch um dessen Ehekrise. Er verlangt George ein paar Tipps zur Beziehungsrettung ab, bevor er ihn beauftragt, den Maulwurf in den Reihen der SIS finden. Die Liste der Verdächtigen ist nicht lang, aber delikat: der innerste Bekannten- und Freundeskreis steht drauf – und Ehefrau Kathryn.

George ermittelt nicht „in the Field“; er observiert nicht verdeckt, nimmt keine Zeug:innen in die Mangel, hat wie der ganze Film nichts gemein mit britischen Ikonen aus der Feder eines Ian Fleming oder John le Carré. Ein paar Angelausflüge, Büromeetings, Observationen aus dem Rechenzentrum in der Zentrale und ein Stresstest am Polygraphen sind die Werkzeuge aus dem Agentenspielkasten, die Regisseur Steven Soderbergh auspackt. Die eigentliche Geheimmission findet ohnehin während zweier Dinner-Abende statt, zu denen das Agenten-Ehepaar alle Freund:innen und Kolleg:innen, sprich: alle Verdächtigen einlädt. Ob sie privat oder geschäftlich hier wären, fragen die Gäste, als die Einladung steht. „Ja“, lautet die Antwort, die der Film gibt.

Die Wahrheit kommt ans Licht

Das Agentenpaar wirft sich in Schale. Sie streift das Abendkleid über, er zaubert im „Zweite Haut“-Anzug das prätentiöse Mehrgänge-Menü. Allein das Chana-Masala-Curry bringt Leben in die kühle Routine von Ehe und Spionage-Spießbürgertum. Die Hauptzutat ist ein Cocktail aus Betäubungs- und Wahrheitsserum, was allein die Ehefrau vorher erfährt. Die Pärchen, die sie verkosten, haben allesamt die gleiche Sicherheitsfreigabe wie die Gastgeber. Freddie (Tom Burke) ist seit Jahren Weggefährte von George. Er verträgt das Masala sichtbar am schlechtesten. Seine Freundin Clarissa (Marisa Abela), eine IT- und Datenspezialistin, muss bald entsetzt mitansehen, wie er beim Wahrheit- und Lüge-Spiel, das der Gastgeber anleiert, von Hotelzimmer-Abenteuern schwadroniert.

Die hausinterne SIS-Psychologin Dr. Vaughan (Naomie Harris) und ihr Partner James (Regé-Jean Page) kommen zunächst mit halbwegs intaktem Beziehungsleben davon. Soderbergh verzerrt mit der ihm eigenen visuellen Exzentrik die Statik klassischer Dinner-Table-Szenen. Unter dem Pseudonym Peter Andrews führt der Regisseur ein weiteres Mal selbst die Kamera, die wahlweise wie ein Präzisionsgewehr zielt oder Winkel einnimmt, die sonst nur die Fliege an der Wand erfasst. Die Montage wirft den letzten Rest von Balance zwischen Wahrheit und Lüge, zwischen tödlichem Agentenverhör und temporärer Beziehungskrise über den Haufen.

Betrug, Verbrechen & Libido

Die Leerstelle, die bleibt, ist dabei nur in untergeordneter Rolle beruflich. Betrug und Täuschung sind bei Soderbergh an erster Stelle ein Spiel des Begehrens, das die eigene Ehe frisch hält. Die geopolitischen Konsequenzen sind so enorm wie sekundär. Wenn es schiefläuft, hat das vielleicht irgendwie und irgendwo nukleare Konsequenzen; wenn es gut ausgeht, beendet der SIS vielleicht sogar den russischen Überfall auf die Ukraine. Die Schwere der Zeitbezogenheit lastet sich „Black Bag“ dabei keineswegs auf. Alles Überschüssige perlt in diesem kleinen, präzisen und polierten Agentenstück ab. Soderbergh schlägt Haken um die Genre-Kreuzung aus Betrug, Verbrechen und Libido, die er in- und auswendig kennt – und das nicht allein mit Gelassenheit, sondern auch mit dem Wissen, wo das am meisten gefragt ist: nicht vor dem Polygraphen, sondern im Ehebett!