Schulkino im Rahmen des Filmfestivals „Migration im Film“

Am Mittwoch, 24. September 2014

Eintritt: kostenlos

Vom 24. September 2014 bis zu den Herbstferien bietet Kino achteinhalb im Rahmen des Filmfestivals „Migration im Film“ Schulkino an. Schulklassen sind eingeladen, vor- oder nachmittags einen thematisch eingebunden Film zu sehen und anschließend im achteinhalb eine erste Filmdiskussion zu führen. (Wir sind natürlich wie eh und je grundsätzlich auch an anderen Terminen für Schulkino ansprechbar.)
Das Festival korrespondiert zeitlich mit der interkulturellen Woche und dem Tag des Flüchtlings (26. September 2014).

Wir bieten hierfür den Film "It's a Free World" des britischen Regisseurs Ken Loach an, sind aber für andere Vorschläge offen und stehen für Anfragen und Gespräche zur Verfügung. Wir machen aufmerksam auf unsere Linksammlung zu Schulkino. 
(Andere thematische Filme wären z. B. Le Havre, In this world, Gegen die Wand, Und dann der Regen, Ein Augenblick Freiheit, Die Fremde, Wir sitzen im Süden, Can’t be silent, Monsieur Lazhar, Ein Sommer in New York, Welcome - Grenze der Hoffnung, Angst essen Seele aufKaddisch für einen Freund, Die Piroge oder Filme aus dem aktuellen Festivalprogramm.)
Erstkontakt per Email über:  kontakt [at] kino-achteinhalb [punkt] de

 

It´s a free worldIt's a Free World
Großbritannien/Italien/Deutschland/Spanien, 2007
Kinostart: 27.11. 2008
91 Minuten
FSK: ab 12; f
Produktion: Ken Loach, Rebecca O'Brien, Rafal Buks, Piotr Reisch
Regie: Ken Loach
Buch: Paul Laverty
Kamera: Nigel Willoughby
Musik: George Fenton
Schnitt: Jonathan Morris

Darsteller: Kierston Wareing (Angie), Juliet Ellis (Rose), Leslaw Zurek (Karol), Joe Siffleet (Jamie), Colin Caughlin (Geoff), Maggie Russell (Cathy), Raymond Mearns (Andy)

Auszeichnungen: Venedig 2007 Bestes Drehbuch ("Goldene Osella"): Paul Laverty

Kurzkritik des Filmdienst
Eine alleinerziehende Londonerin steigt mit einer Freundin ins lukrative Geschäft mit osteuropäischen Leiharbeitern ein, die für einige Pennys unmenschliche Strapazen auf sich nehmen. Dass sie dabei die Überzeugungen ihrer Herkunft aus der Arbeiterklasse über Bord werfen muss, stört sie kaum. Bis ihre eigene Familie zwischen die Mahlsteine kriminellen Profitstrebens gerissen wird. Ein genau beobachtendes Drama, das die schleichende Transformation des modernen Kapitalismus beschreibt und dabei präzise dessen immense menschliche Kosten analysiert. (Kinotipp der katholischen Filmkritik) - Sehenswert ab 14.


ausführliche Kritik des Filmdienst
Seit 40 Jahren singt Ken Loach nun schon das Lied der britischen Arbeiterklasse. Er wird nicht müde in seinem sozialen Engagement – und wir nicht, ihm dabei zuzusehen. Ob Loach nun ins Milieu englischer Bahnarbeiter geht wie in „The Navigators“, in die Historie des irischen Bürgerkriegs für „The Wind That Shakes the Barley“ oder ob er in „Just a Kiss“ in das Leben pakistanischer Einwandererkinder eintaucht: stets stößt der bekennende Sozialist an den festen Grund seiner in Jahren des Thatcherismus gehärteten Überzeugungen. Vor dem Schicksal eines politischen Sturkopfs ohne ästhetische Fortune hat Loach dabei noch immer sein genauer Blick bewahrt: Er agitiert nicht und erzählt auch keine mit britischem Stallgeruch versehenen griechischen Tragödien. Seine Dokudramen entwickeln sich vielmehr aus dem Zusammenprall von bescheidenen Aufstiegsfantasien und den widrigen Umständen der Armut. Kommt doch einmal eine ahnungsvolle Zwangsläufigkeit in ihnen auf, so verdankt sie sich einer mit Erfahrung gesättigten Erzählung; bei Loach sind selbst ausweglose Situationen geräumig genug für Zwischentöne. Auch in seinem neuen Film „It’s a Free World“ zieht Ken Loach keine strikte Linie zwischen Gut und Böse, Täter und Opfer: Seine Heldin, die allein erziehende Mutter Angie, arbeitet bei einer Agentur, die ausländische Arbeiter nach England holt, um sie an einheimische Firmen zu vermitteln. Das Anforderungsprofil ist dabei denkbar einfach: Billig müssen die Arbeiter sein, und sie dürfen nicht aufmucken, wenn es um Überstunden und Arbeitsbedingungen geht. Wenn die geschäftstüchtige Angie deswegen Gewissensbisse hat, lässt sie es sich nicht anmerken: Jeder muss eben sehen, wo er bleibt. Als Angie mit fadenscheiniger Begründung entlassen wird, beschließt sie, sich auf einem Hinterhof selbstständig zu machen. Sie überredet ihre studierte Mitbewohnerin, ihren Job als Telefonistin im Call-Center zu kündigen und an ihrer Seite in den grauen Markt der Arbeitsvermittlung einzusteigen. Auf einem schweren Motorrad wirbt Angie in den nächsten Tagen auf Baustellen und in Fabriken für ihre Dienste, und da arbeitswillige Tagelöhner in Großbritannien offenbar schnell gefunden sind, wirft das illegale Gewerbe rasch Profit ab. Natürlich geht es Loach darum zu zeigen, dass sich Angies freies Unternehmertum vom Sklavenmarkt früherer Zeiten nicht wesentlich unterscheidet. Ohne Rechte und Sicherheiten tragen die meist aus Osteuropa stammenden Leiharbeiter ihre Haut zu Markte, wobei die Arbeitgeber illegale Einwanderer wegen deren notgedrungener Willfährigkeit noch höher schätzen. In Angie finden die Tagelöhner zunächst eine halbwegs ehrliche Maklerin, die sogar selbstlos für eine untergetauchte iranische Familie sorgt, dann aber doch alle Skrupel über Bord wirft, um ihr Geschäft zu retten. Dramatisch wird es, als ein Bauunternehmer das Geld schuldig bleibt und die um ihren Lohn geprellten Arbeiter die Vermittlerin dafür zur Rechenschaft ziehen. Mit einem blauen Auge fängt es an, später drohen Unbekannte, Angies Sohn zu entführen.

Ken Loachs Filmtitel „It’s a Free World“ lässt sich allenfalls sarkastisch verstehen oder im Sinne eines sich selbst überlassenen Raubtierkapitalismus. Passend dazu ist die tatkräftige Heldin halb treibende Kraft und halb Getriebene, ohne dass Loach sie durch die Verhältnisse entschuldigen würde. Wenn sich Angie für etwas entscheidet, dann im vollen Bewusstsein der daraus folgenden Konsequenzen. Die Ehrlichkeit, mit der sie sich den eigenen moralischen Widersprüchen stellt, macht sie zu einer überaus sehenswerten Leinwandfigur – auch wenn Loachs neuester Film letztlich doch etwas zu didaktisch geraten ist, um ihn zu seinen besten zählen zu können.

Michael Kohler Kritik aus film-dienst Nr. 24/2008

 

Das Schulkino im Rahmen des Filmfestivals wird finanziell gefördert durch das Bundesprogramm "TOLERANZ FÖRDERN - KOMPETENZ STÄRKEN".