Die geliebten Schwestern

Freitag, 26. September 2014 - 20:30

Eintritt: 5,00 €

Drama Historienfilm Liebesfilm
Deutschland/Österreich, 2013
Kinostart: 31. Juli 2014
139  Minuten

Regie/Buch: Dominik Graf 
Kamera: Michael Wiesweg
Musik: Sven Rossenbach, Florian van Volxem
Schnitt: Claudia Wolscht

Darsteller: Hannah Herzsprung (Caroline von Beulwitz), Florian Stetter (Friedrich Schiller), Henriette Confurius (Charlotte von Lengefeld), Claudia Messner (Louise von Lengefeld), Ronald Zehrfeld (Wilhelm von Wolzogen), Maja Maranow (Frau von Stein), Anne Schäfer (Frau von Kalb), Andreas Pietschmann (Friedrich von Beulwitz), Michael Wittenborn (Knebel), Peter Schneider (Körner), Elisabeth Wasserscheid (Schwenke)
Verleih: Senator über Central, DCP mit KDM, 207.085 in 7 Wochen

"Die geliebten Schwestern" vertritt Deutschland im Rennen um den 87. Oscar.  
Bayerischer Filmpreis 2014: Beste Kamera
FBW: Prädikat besonders wertvoll 

Filmhomepage, WIKIPEDIA , Programmkino.de, alle Daten zum Film auf Filmportal 
Pressespiegel  


"Kino Kino" trifft Hannah Herzsprung, Florian Stetter und Henriette Confurius  
  24.07.2014, 09:00 Uhr, Bayerisches Fernsehen -     2 Minuten
5 Sterne von "Kino Kino"

 

 

Kurzkritik Filmdienst

Im Jahr 1787 lernt Friedrich Schiller im Thüringer Exil die Schwestern Caroline von Beulwitz und Charlotte von Lengefeld kennen und verliebt sich in die intelligenten und lebensfrohen jungen Frauen. Über Jahre besteht zwischen den dreien eine komplizierte Dreierbeziehung, ohne dass das enge Verhältnis zwischen den Schwestern darunter leidet, bis Carolines Verzicht und Schillers Heirat mit Charlotte doch einen Keil zwischen sie treiben. Mit stilistischer Brillanz und grandiosen Darstellern gelingt es dem Film über die historisch verbürgte »Menage à trois«, die Weimarer Klassik auf mitreißende Art fürs Kino zu beleben. Dabei begeistert das epische Gefühlsdrama ebenso durch die spannende Inszenierung und die ausgefeilten Dialoge wie auch durch die scheinbar mühelose Einbeziehung zeitgeschichtlicher Hintergründe. - Sehenswert ab 14.

Trailer:

ausführliche Kritik Filmdienst

Der neue Bekannte ihrer Kinder hat kein Geld und keine Manieren, kommt aus der falschen Familie und hat zu alledem auch noch mächtige Feinde. So einen Mann würde sich wohl auch in der heutigen Zeit eine besorgte Mutter nicht als Freund für ihre Töchter wünschen, ganz zu schweigen vom Ende des 18. Jahrhunderts, als gesellschaftlicher Status noch allein durch Stand, Vermögen und Reputation definiert wird. Der Ort, an dem Dominik Grafs Film »Die geliebten Schwestern« beginnt, ist Rudolstadt in Thüringen, das Jahr ist 1787 und der Bewerber mit den schlechten Empfehlungen niemand anderes als Friedrich Schiller. Der ist noch neu im Land, hat aber bald beide Töchter der verwitweten Louise von Lengefeld kennengelernt: Caroline, die bereits mit dem wohlhabenden Friedrich von Beulwitz verheiratet wurde, um ihre verarmte Familie zu retten, und ihre jüngere Schwester Charlotte. Die Bedenken der Mutter sind groß, andererseits empfiehlt sich der berühmte Dichter als Freund für ihre geistreichen Töchter doch so sehr, dass sie den Treffen der drei schließlich ihren Segen gibt.
So tritt Schiller dauerhaft in das Leben der Lengefeld-Schwes­tern, und es entspinnt sich eine Beziehung, die nicht nur für die damalige Zeit außergewöhnlich ist: Denn der Dichter liebt beide Schwestern gleichermaßen, und diese erwidern auch beide diese Liebe – lange Zeit, ohne dass ihre enge Geschwisterbindung darunter leidet. Dieses historisch verbürgte Dreiecksverhältnis hat sich Dominik Graf zum Thema seines ersten Kinofilms seit acht Jahren gewählt, und alle Bedenken, ob es bei dem vor allem für seine ambitionierten Polizeithriller bekannten Regisseur in guten Händen sein würde, verflüchtigen sich innerhalb kürzester Zeit.
Graf konzentriert sich klugerweise auf einen einzigen Aspekt in Schillers Leben, nämlich seine Beziehung zu Frauen. Die Rolle als idealistischer Aufklärer wird dagegen nur am Rande be­leuchtet, und auch seine literarischen Werke kommen nur en passant vor. Dank wunderbarer Darsteller geht das auch durchweg auf: Eindrücklich ist vor allem Hannah Herzsprung als wagemutige, literarisch ambitionierte Caroline, die bei der Beziehung zu Schiller mit Verstand und Vernunft agiert, bis hin zum Verzicht zugunsten ihrer Schwester. Henriette ­Confurius macht neben ihr deutlich, wie die gefühlsbetontere Charlotte, die Schiller 1790 heiratet, die Waagschale hält zwischen ihren eigenen Wünschen und dem Bemühen, der unglücklich verheirateten Caroline zum Liebesglück zu verhelfen. Florian Stetter erscheint zwischen den beiden als ein auf sympathische Weise zurückhaltender Schiller mit einem leicht für seine Ideale entflammbaren Geist. Ohne weiteres vermittelt sich, dass seine Leidenschaft für beide Frauen im gleichen Maße glüht.
Graf nutzt sein Gespür für durchweg spannende Inszenierungsweisen, um dem Stoff beherzt allen Ausstattungsballast auszutreiben. Die drohende Steifheit von Kostümfilmen kommt hier zu keiner Zeit auf, weil »Die geliebten Schwestern« mit präzise aufeinander abgestimmten Sequenzen aufwartet, in denen sich der ganze Kosmos der damaligen Weimarer Gesellschaft entfalten kann: Charlotte von Stein, Schillers Freunde Körner und Wolzogen und seine einflussreiche und fordernde Geliebte Charlotte von Kalb werden durch lebendige, pointierte Wortwechsel von trockenen Figuren der Schulbuch-Historie zu Menschen aus Fleisch und Blut erweckt. Herausragend ist dabei die knappe Skizzierung von Schillers Werben um den verehrten Goethe: Dessen Gesicht wird niemals gezeigt, sodass die Furcht des Jüngeren, nicht an das Über-Vorbild heranreichen zu können, unmittelbar begreiflich wird.
Überhaupt ist »Die geliebten Schwestern« ein seltenes Beispiel für eine ungemein gelungene Verknüpfung der Bild­ebene mit einem Reichtum an inhaltlicher Vermittlung. Solange die Liebenden sich noch gut zu dritt arrangieren können, dominieren helle Farben, während der dunkler ausgeleuchtete zweite Teil des Films mit der Ernüchterung auf der Handlungsebene zusammentrifft: Die Ideale der Aufklärung versinken in den Blutmeeren der Französischen Revolution, und die Schwestern werden nun doch immer mehr zu Konkurrentinnen.
Um all dies erzählerisch zu fassen, war eine epische Umsetzung unumgänglich und die Uraufführung auf der diesjährigen »Berlinale« mit 170 Minuten keineswegs zu lang. Auch in der 30 Minuten kürzeren Kinofassung bleibt zwar der Erzählrhythmus erhalten, da Graf auch bei den Straffungen und weggelassenen Szenen viel Feingefühl für das rechte Maß bewiesen hat. Bedauerlich ist es dennoch, weil die längere Fassung dem Zuschauer erlaubt hätte, noch länger an diesem außergewöhnlichen Film teilhaben zu dürfen.
Marius Nobach, FILMDIENST 2014/16