Großes Tier, gewaltige Wirkung. Dabei richtet der Bär, der sich in das Juragebirge im französisch-schweizerischen Grenzgebiet verirrt hat, gar nicht selbst Schaden an. Schon der bloße Anblick des Bären lässt einen Mann, der den Wald mit unlauteren Absichten durchquert, blindlings davonstürzen – direkt in einen Abgrund. Kurz darauf steht das Tier mitten auf der Straße durch den Wald, wo der Fahrer eines Pick-ups gerade noch ausweichen kann. Beim Versuch, den schlingernden Wagen wieder unter Kontrolle zu bringen, rammt er allerdings ein anderes Fahrzeug am Straßenrand. Der heftige Zusammenstoß kostet einer Frau das Leben; ihr einige Meter entfernter Begleiter stürzt vor Schreck so unglücklich, dass ihn ein großer Ast durchbohrt. Eine verheerende Bilanz, die den unter Schock stehenden Pick-up-Fahrer rasch das Weite suchen lässt. Der tierische Unfallauslöser verschwindet derweil genauso schlagartig wieder, wie er herbeigetrottet ist.

Im frostigen Juragebirge

Schon mit diesem Auftakt zu seiner dritten Regiearbeit macht der französische Schauspieler Franck Dubosc deutlich, dass er sich auf gänzlich neue Pfade begibt. Dubosc hatte seine ersten Inszenierungen „Liebe bringt alles in Rollen“ und „Die Rumba-Therapie“ noch stark um die Figur jenes großspurigen Playboys aufgebaut, mit der er als Komiker bekannt geworden war, sie aber auf der Leinwand deutlich feiner entwickelt und mit bemerkenswerten Zwischentönen ausgestattet. „How to Make a Killing“ blendet nun jedoch jede sonnige oder romantische Stimmung aus und führt im frostigen Winter in die ungastliche Sphäre des Jura.

Nicht nur die Leichenanhäufung gleich zu Beginn schlägt dabei einen makabren Tonfall an, sondern auch die Verortung wenige Tage vor Weihnachten. Wo eine fröhliche Feieratmosphäre naheliegen könnte, konterkariert der Film diese durchweg durch das herbe Geschehen und den Einbruch des organisierten Verbrechens in die vereinsamte Region. Denn die drei Verunglückten waren Teil eines Drogenschmugglerrings. Der Mann im Wald hatte vor seiner fatalen Begegnung mit dem Bären eine Gruppe sichtlich orts- und europafremder Menschen geführt, die jetzt alsbald von Gendarmen aufgelesen werden. Es ist eine mit der Situation überforderte Truppe, doch es bleibt nicht lange verborgen, dass es sich nicht um gewöhnliche Migranten handelt.

Im Fokus von „How to Make a Killing“ Films steht jedoch weiterhin der Fahrer des Pick-ups, der von Dubosc selbst gespielte Tannenbaumverkäufer Michel. Er ist hoch verschuldet, woran auch das Weihnachtsgeschäft nichts ändern wird, und er steckt in einer schwierigen Beziehung mit seiner Frau Cathy (Laure Calamy). Geredet haben die beiden schon seit der Geburt ihres Sohnes Doudou nicht mehr viel miteinander. Der inzwischen zum Jugendlichen herangewachsene Doudou zeigt Verhaltensweisen, die auf Autismus hindeuten. Auch von dem Bären und dem Unfall berichtet Michel seiner Frau nur zögerlich, weshalb Cathy anstelle ihres antriebsschwachen Mannes das Ganze in die Hand nehmen muss.

Eine Knarre und viel Geld

Sie ist es auch, die nach der gemeinsamen Rückkehr an den Unfallort im Kofferraum des Autos eine Tasche entdeckt, in der sich eine Schusswaffe und vor allem eine Millionensumme in Geldscheinen befinden. Die Entscheidung, das Geld zu behalten, fällt schnell. Doch bei den daraus folgenden Konsequenzen breitet der Film ihre Amateurhaftigkeit in Sachen Vertuschung genüsslich aus. So wollen sie die Leichen zuerst verschwinden lassen, wobei einmal mehr dem Bären die entscheidende Rolle zugedacht ist; dieser spielt aber trotz sorgfältiger Präparation der Toten mit Honig nicht wie vorgesehen mit. Zudem entdecken Michel und Cathy bei dieser Gelegenheit das dritte Todesopfer.

Doch dass sie daraufhin alle drei ins Unfallauto zurückschaffen, bringt die Polizei unter Major Roland Bodin (Benoît Poelvoorde) erst recht auf ihre Spur. Ganz zu schweigen von den Hintermännern der Toten, die anders als das Ehepaar beim Einsatz von Gewalt keinerlei Skrupel kennen.

Franck Dubosc gestaltet „How to Make a Killing“ als Hommage an die Filme der Coen-Brüder. Es dominieren lakonische Dialoge und schwarzer Humor, und auch die völlig überforderte Provinzbevölkerung erinnert an die Figuren der US-Regisseure. In der Art und Weise, wie ein unverhofft in den Schoß gefallener Geldsegen zu Gier führt und moralische Grenzen niederreißt, folgt Dubosc neben „Fargo“ und „No Country for Old Men“ zudem auch dem Schnee-Noir „Ein einfacher Plan“ von Sam Raimi, dessen Menschenbild er näher steht als dem der Coens. Denn obwohl Dubosc ebenfalls groteske Gewaltszenen inszeniert und auch mit dem Auftauchen kaltherziger, bizarr frisierter und eigenwillig sprechender Killer dem Coen-Muster folgt, ist sein Film frei von spöttischem Zynismus gegenüber den Figuren.

Viel Sympathie für die gebeutelten Charaktere

Dubosc entwickelt vielmehr eine enorme Sympathie für die gebeutelten Charaktere. Das gilt für den innerlich zutiefst versehrten Michel, bei dem Dubosc eine neue Meisterschaft im zurückhaltenden Spiel beweist, aber auch für die von Laure Calamy ebenso entschlossen wie empfindsam interpretierte Cathy sowie für den ebenfalls nicht vom Schicksal beglückten Gendarmen Bodin und dessen Kollegin Florence (Joséphine de Meaux). Benoît Poelvoorde verleiht Bodin eine faszinierend bemitleidenswerte Gestalt: ein dauererschöpfter wirkender Zeitgenosse, der mit einer Scheidung und einer sich entziehenden Teenager-Tochter um die Weihnachtszeit schon genug geschlagen wäre, angesichts der Verbrechenswelle in seinem Revier aber endgültig zu kollabieren droht.

Dubosc, der bei seinen Regiearbeiten bislang eher zu gröberen Mitteln gegriffen hatte, beweist auf dem für ihn fremden Terrain eine ungeahnte Sensibilität. Selbst der Einbezug eines Stripclubs und die unappetitlichen Folgen verschluckter Drogenpakete werden nicht plump, sondern schlüssig in eine Handlung integriert, die nicht zwanghaft in jeder Szene nach Lachern sucht. Stattdessen werden die Gags sorgfältig erarbeitet, während das Drehbuch von Dubosc und Sarah Kaminsky mehr und mehr zum guten Kern der sich schroff und amoralisch gebenden Hauptfiguren vordringt. Und dabei menschliche Grausamkeit und den Schmerz der Noir-Handlung nie als alternativlos präsentiert. Wenn durch die außergewöhnliche Situation diverse Beziehungen neu ausgehandelt werden müssen, liegt stets auch die Versöhnlichkeit als Option auf dem Tisch. Da ist die weihnachtliche Verortung des Szenarios dann beileibe nicht mehr nur eine Kontrastfolie für die Gewaltspitzen.