Rocca verändert die Welt

  Dienstag, 17. August 2021 - 15:00 bis - 16:40

Eintritt: frei

Familienfilm Jugendfilm
Deutschland 2018
Kinostart: 14. März 2019
101 Minuten
FSK: ab 0; f

FBW: Prädikat besonders wertvoll
Deutscher Filmpreis 2019 (Lola): Bester Kinderfilm

Regie: Katja Benrath
Drehbuch: Hilly Martinek
Kamera: Torsten Breuer
Musik: Annette Focks
Schnitt: Jan Ruschke   

Darsteller:
Luna Marie Maxeiner (Rocca) · Barbara Sukowa (Dodo) · Mina Tander (Frau Behrend) · Fahri Yardim (Caspar) · Volker Bruch (Roccas Vater) · Detlev Buck (Taxifahrer) · Cordula Stratmann (Frau Hartholz) · Michael Maertens (Schuldirektor Klein) · Luise Richter (Lila) · Leo Knizka (John) · Caspar Fischer-Ortman (Max) · Hedi Kriegeskotte (Felicitas) · Milena Dreißig (Regina Ross) · Markus Knüfken (Roland Ross)

Filmhompage, WIKIPEDIA, Programmkino.de,  alle Daten zum Film auf Filmportal.de   

Pädagogisches Material:
Kinderfilmwelt
FBW: Prädikat besonders wertvoll   
FBW-Jugend-Filmjury

 

Kurzkritik Filmdienst 
Eine aufgeweckte Elfjährige meistert problemlos ein Leben auch ohne Erwachsene, als ihr alleinerziehender Vater als Astronaut ins All fliegt und ihre Oma nach einem Unfall ins Krankenhaus kommt. In der neuen Schule fasst sie mit ihrer direkten Art rasch Fuß und schafft es in kurzer Zeit, dass die Außenseiter in ihrer Klasse Anschluss an die Gemeinschaft finden. Teils komisches, teils anrührendes Plädoyer für die Unterstützung aller Unterdrückten, das sich bis hart an der Grenze zum Plagiat bei Astrid Lindgrens „Pippi Langstrumpf“-Figur bedient. Dank einer talentierten Darstellerin und gelungenem Wortwitz geht das Kalkül aber dennoch weitgehend auf. – Ab 8.
Thomas Lassonczyk

Trailer (140 Sekunden):



ausführliche Kritik Filmdienst  
Jugendfilm um eine aufgeweckte Elfjährige, die auch ohne erwachsene Aufsicht ihr Leben meistert und sich mit ihrer unvoreingenommenen Art den Außenseitern ihrer Klasse annimmt. Teils komisches, teils anrührendes Plädoyer für die Unterstützung aller Unterdrückten, das hart an der Grenze zum Plagiat „Pippi Langstrumpf“ nacheifert.

Wenn man von qualitativ hochwertigen und nachhaltigen Kinderfilmen spricht, dann kommt man an den Werken der Schweden nicht vorbei. Insbesondere Astrid Lindgren hat mit ihren Buchvorlagen für unvergessliche Leinwand- und Bildschirmerlebnisse gesorgt und gleich mehrere Generationen in Folge geprägt und glücklich gemacht. Peilt ein Autor also einen modernen Film für den Nachwuchs an, ist es absolut legitim, sich an die ganz Großen der Zunft zu halten.

Dies hat nun auch die Drehbuchautorin Hilly Martinek, die mit ihrem Drehbuch zu Til Schweigers tragikomischem Alzheimer-Drama „Honig im Kopf“ bekannt wurde, beherzigt. Ihre Titelfigur aus „Rocca verändert die Welt“ ist gewissermaßen eine aktuelle Version von Lindgrens Pippi Langstrumpf. Was sehr leicht erkennbar ist, da sich Martinek durchaus mit einer gewissen Dreistigkeit bei der berühmten Vorgängerin bedient hat, um nicht zu sagen, bei der schwedischen Jahrhundertautorin abgekupfert hat. So wohnt Rocca wie Pippi allein, beide haben kuriose Haustiere (Eichhörnchen Klitschko/Äffchen Herr Nilsson), sie duzen sogenannte Respektspersonen (Schuldirektor/Polizei) und legen großes Selbstbewusstsein, unbändige Lebenslust und ungetrübte Fröhlichkeit an den Tag. Zudem sind beide mit den sie bewundernden Nachbarskindern dick befreundet (Lila & John/Tommi & Annika), fallen durch ihr unkonventionelles Outfit auf (Overall & blondes Strubbelhaar/Ringelsocken & Zöpfe) und besitzen ewig lange Namen (Rocca: Ria Ottilie Clementine Caesar Alva/Pippi: Pippilotta Viktualia Rollgardina Pfefferminz Efraimstochter Langstrumpf).

Eine eigenständige, zeitgemäße Geschichte

Trotz dieser nicht enden wollenden Liste an Parallelen zwischen den beiden außergewöhnlichen Mädchen schafft es Martinek gemeinsam mit der Langfilm-Regiedebütantin Katja Benrath, eine eigenständige, zeitgemäße Geschichte zu erzählen: Weil die Mama bei ihrer Geburt verstorben ist, der Vater (Volker Bruch als Knuddel-Daddy) derzeit als Astronaut im Universum kreist und die Oma (Barbara Sukowa) nach einem Unfall gerade im Krankenhaus liegt, muss Rocca ihr Leben alleine meistern. Und das kann die ebenso clevere wie stets gut gelaunte Elfjährige ganz hervorragend. Auch in der neuen Schule kommt sie mit ihrer vorurteilsfreien, direkten und unvoreingenommenen Art sehr gut an. Binnen kürzester Zeit gelingt es Rocca, aus einer Bande von Mobbern, Zicken, Kraftprotzen und anderen Außenseitern einen Klassenverband zu schmieden, in dem jeder jeden respektiert und einer für den anderen da ist.

Gerade in diesen emotionalen Momenten, bei dem der Balanceakt zwischen Tragödie und Komödie erstaunlich gut gemeistert wird, hat der Film seine Stärken. Und auch seine positive, von einem lässigen Soundtrack mit vielen aktuellen Deutschpop-Nummern getragene Grundstimmung („Sich Sorgen machen bringt keinem was“) gefällt nicht zuletzt dank der talentierten Hauptdarstellerin Luna Marie Maxeiner als kleiner Weltverbesserin. Während ihre Mitschüler eher stereotypisch angelegt sind, setzten einige hochkarätige erwachsene Darsteller in prägnanten Nebenrollen schauspielerische Glanzpunkte. So brilliert die Komikerin Cordula Stratmann als ihrem Namen alle Ehre machende Frau Hartholz vom Jugendamt, demonstriert Michael Maertens als schusseliger Schuldirektor Klein sein humoristisches Können und bewährt sich Fahri Yardim hervorragend als Sympathieträger Caspar, der mit Rocca ein ähnliches Schicksal teilt und dem als obdachlosem Anwalt zum Finale noch eine Schlüsselrolle zukommt.

Wortwitz auch für ältere Zuschauer

Überhaupt fällt auf, dass das Duo Martinek/Benrath viel klugen Wortwitz (auch für die älteren Zuschauer) bereithält, ein Highlight dabei ist, wenn eine von Omas schrulligen Freundinnen die Weltraumstation ISS mit der Terrororganisation IS verwechselt. Über allem Spaß thront jedoch der menschliche Faktor. Denn „Rocca verändert die Welt“ macht seinem Filmtitel tatsächlich alle Ehre, wenn es darum geht, etwas zu verändern, eine Lanze für die Unterdrückten, die Vernachlässigten und die Benachteiligten zu brechen.

Eine Kritik vonThomas Lassonczyk