CinEspanol: Señora Teresas Aufbruch in ein neues Leben – La Novia del Desierto

  Montag, 15. Oktober 2018 - 19:30 bis - 20:50

Eintritt: 5,00 €

Argentinien/Chile 2017
Kinostart: 30. November 2017
78 Minuten
FSK: ab 0; f

Regie/Buch/Produktion: Cecilia Atán, Valeria Pivato
Kamera: Sergio Armstrong
Musik: Leo Sujatovich
Schnitt: Andrea Chignoli

Darsteller: Paulina García als Teresa Godoy (2013 haben wir "Gloria" gezeigt, für den Paulina García auf der Berlinale mit dem silbernen Bären als beste Darstellerin ausgezeichnet worden ist.), Claudio Rissi (El Gringo) 

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Kritiken:
Kritik von Patrick Seyboth im Filmmagazin EPD (4 von 5 Sternen)
Kritik von Christian Horn auf Programmkino.de
Kritik von Verena Schmöller auf Kino-Zeit.de
  
Kurzkritik Filmdienst
Eine ältere Hausangestellte aus Buenos Aires büßt jeden Halt ein, als sie ihre Arbeit bei der Familie verliert, bei der sie die Hälfte ihres Lebens angestellt war. Auf dem Weg in eine andere Stadt kommt ihr auch noch ihre Tasche abhanden, woraufhin sie sich mit einem fahrenden Händler auf eine Reise durch die Wüste begibt. Der unspektakuläre Film entwirft in satten, leuchtenden Farben die liebenswerte Geschichte einer Frau, die sich in der Begegnung mit einem anderen Menschen neu kennenlernt. Das Thema der Selbst- oder Identitätsfindung sowie einige gesellschaftliche Fragestellungen hätten dabei deutlicher ausformuliert werden können.
Esther Buss

Trailer (140 Sekunden):


ausführliche Kritik Filmdienst
Eine Frau begibt sich auf eine Reise, verliert unterwegs ihre Tasche – und gewinnt neuen Boden unter den Füßen. Auf der Handlungsebene ist „Señora Teresas Aufbruch in ein neues Leben“ so karg wie die argentinische Wüste, die die 54-jährige Frau auf ihrem Road Trip zu durchqueren hat. Dabei strahlt der Film von Cecilia Atán und Valeria Pivato trotz seiner Schlichtheit durchaus etwas Üppiges aus: Er ist reich an Farben und Licht. Und auch eine Heiligenlegende spielt eine entscheidende Rolle. Seitdem Teresa Godoy als junge Frau von Chile nach Argentinien kam, hat sie 34 Jahre als Haushaltshilfe für eine Familie gearbeitet. Besonders mit dem inzwischen verheirateten Sohn ist sie eng verbunden. Wie sehr ihre Identität an dieser Familie hängt, zeigt sich, als sie ihren Job verliert und in einen Haushalt im 600 Kilometer entfernten San Juan vermittelt wird. Schon in der ersten Szene, die eine Gruppe zu Fuß auf einer Landstraße einfängt, deren Bus liegengeblieben ist, als mysteriöserweise eine nicht gerade als Wüstenvogel bekannte Taube gegen die Windschutzscheibe flog, isoliert die Kamera Teresa von den übrigen Reisenden. Immer wieder greifen die Filmemacherinnen mit bildtechnischen Mitteln auf diesen Effekt zurück: Während Teresa im Vordergrund bleibt, verschwinden die Nebenfiguren im Hintergrund, bewegen sich in Unschärfezonen oder stehen außerhalb der Kadrierung. Aber auch im filmischen Raum gibt es zunächst keinen Halt. Beim ersten Zwischenstopp der Reise in Vallecito taumelt Teresa abends geradezu trunken durch ein farbiges Meer von Lichtern und wehenden Stoffen. Vallecito ist ein berühmter Wallfahrtsort, Grabstätte der Difunta Correa. 1841 war eine Frau auf der Suche nach ihrem Mann in der argentinischen Wüste verdurstet; ihr Kind aber überlebte. Man fand es an der Brust der toten Mutter saugend. Wie viele Wallfahrtsorte ist auch Vallecito ein Ort des Handels. Nachdem Teresa im Wohnwagen eines fahrenden Händlers ein Kleid anprobierte, fährt der versehentlich mit ihrer Tasche davon. Mit dem Verkäufer, der glücklicherweise schnell wieder auffindbar ist, begibt sich Teresa auf die Suche nach ihren Habseligkeiten. Anfangs ist die Kommunikation der beiden recht holprig, und auch körperlich könnten sie kaum gegensätzlicher sein. El Gringo ist ein groß gewachsener Mann mit einem stattlichen Bauch; er war sein Leben lang unterwegs, redet viel, macht gern Komplimente und ist gläubig. Die Skeptikerin Teresa ist zunächst hingegen die Sprödheit in Person. Man spürt, wie verunsichert die zierliche Frau inmitten der fremden Umgebung und wie neu das Unterwegssein für sie ist. Allmählich aber entspannen sich ihre Gesichtszüge, ihr Körper wird weich, sie entwickelt eine Freude am Moment, vergisst ihre Pflicht. Und spätestens, wenn Teresa ihr streng zurückgebundenes Haar löst und sich dabei lange im Seitenspiegel betrachtet, kommt hinter der ewigen Haushälterin auch die Frau zum Vorschein. Dass man Teresa, dieser „Braut der Wüste“ (so die wörtliche Übersetzung des Originaltitels „La novia del deserto“) gerne folgt, liegt vor allem an der Schauspielerin Paulina Garcia, bekannt aus Sebastián Lelios „Gloria“ Man schaut diese Frau einfach gerne an. Unter den vielen, nicht nur lateinamerikanischen Filmen, die sich dem Dasein von Hausangestellten widmen, ist „Señora Teresas Aufbruch in ein neues Leben“ ein liebenswerter, aber wenig spektakulärer Beitrag. Im Unterschied etwa zu „Die Liebhaberin“ von Lukas Valenta Rinner geht ihm jede Affinität zur großen, auch gesellschaftspolitisch großen Geste ab. So sympathisch das auch ist: Die Perspektive bleibt allzu privat – und unformuliert.
Esther Buss