Blöde Mütze (im Rahmen des Ferienpassangebots der Stadt Celle)

  Montag, 06. August 2018 - 15:45 bis - 17:20

Eintritt: 3 Euro

Deutschland 2007
Kinostart: 27. März 2008
FBW: Prädikat besonders wertvoll
95 Minuten
FSK: ab 6; f

Regie: Johannes Schmid
Drehbuch: Johannes Schmid · Michael Demuth · Philipp Budweg
Vorlage: Thomas Schmid
Kamera: Michael Bertl
Musik: Michael Heilrath 
Schnitt: Thomas Kohler

Darsteller:

Johann Hillmann (Martin) · Konrad Baumann (Oliver) · Lea Eisleb (Silke) · Inka Friedrich (Martins Mutter) · Stephan Kampwirth (Martins Vater) · Claudia Geisler (Olivers Mutter) · Andreas Hoppe (Olivers Vater) · Inga Busch (Silkes Mutter) · Miriam Schweiger (Rieke)

Filmhomepage, Filmseite des Verleihs Farbfilm, WIKIPEDIA, alle Daten zum Film auf Filmportal.de

 

Schulmaterial:
Kinofenster
Visionkino
Kinderfilmwelt
Kino ab 10
Bundesverband Jugend und Film

Kurzkritik
Filmdienst
Ein Zwölfjähriger behauptet sich nach dem Umzug seiner Eltern in neuer Umgebung, verliebt sich in eine selbstbewusste Mitschülerin und findet in einem aufsässigen, unter dem Konflikt seiner Eltern leidenden Jungen einen Freund. Sympathischer, natürlich und unprätentiös erzählter und gespielter Sommerfilm um Freundschaft und erste Liebe, der spielerisch zu einer für Kinder relevanten Substanz vordringt und von Respekt und Verständnis handelt.
Horst Peter Koll

Trailer (112 Sekunden):

Ausführliche Kritik Filmdienst
Martin ist zwölf Jahre alt und für sein Alter etwas zu klein und zierlich. Seine Mütze mit der Aufschrift „Champion“ wirkt da einen Tick großspurig, und es ist klar, dass ihn der ein Jahr ältere Oliver gleich damit aufzieht und als „Blöde Mütze“ beleidigt. Das ist kein guter Anfang im leicht spießigen Kleinstadt-Ambiente, in dem sich Martin nach dem Umzug seiner Eltern neu orientieren muss. Das neue Häuschen der ihn fast schon zu viel behütenden Eltern ist ganz in Ordnung, das eigene Zimmer mit Aquarium ebenso, doch mit Beginn des Schuljahrs nach den Sommerferien ist Martin ein Stück weit auf sich selbst gestellt. Beherzt geht er die Situation an, kollidiert zwar prompt mit Oliver, den er beim Zigarettendiebstahl erwischt, entdeckt aber auch: Silke! Das quirlige, selbstbewusste Mädchen aus seiner Klasse wird zum Dreh- und Angelpunkt seines Denkens und Fühlens, ist aber dummerweise eng mit Oliver befreundet. Das führt zu Eifersüchteleien, Rivalitäten und handfesten Reibereien, aber allmählich auch zu tieferen Einsichten: Während Silke mit ihrer patenten Mutter allein lebt und damit ganz gut (aber nicht immer) klar kommt, resultiert Olivers Verhalten aus der Ehekrise seiner Eltern. Für Oliver bricht da etwas zusammen, doch Martin und Silke erweisen sich als wirklich gute Freunde. Man muss sich dies sehr deutlich vor Augen führen: „Blöde Mütze!“ ist ein Kinderfilm, der amüsant, charmant, auch spannend unterhält und etwas zu sagen hat – und das, obwohl er sich an keine marktgängigen (Verwertungs-)Formate und Trend-Themen anlehnt: keine coole Attitüde à la „wilde Kerle“, kein Family-Entertainment um „Hühner“, Detektive oder Hexen, keine schicken Designer-Klamotten und auch kein sonstiger Merchandise-Schnickschnack – ebenso kein brisanter sozialer Brennpunkt, keine soziale, körperliche oder seelische Gewalt, kein Mobbing, kein übersteigerter Gruppenzwang. Dass da ein Junge abstürzen könnte, deutet sich in der Gestalt Olivers zwar an, wenn er sich in seiner Enttäuschung und Trauer abschottet, aggressiv reagiert und die üblichen Regeln moderat herausfordert. Eigentlich aber muss man sich um ihn nie allzu große Sorgen machen, denn im beschriebenen Umfeld ist er mit seinen sehr berechtigten Problemen im absolut „normalen“ Rahmen, sodass ihn bereits gleichaltrige Kids aus harmonischeren Lebens- und Familiensituationen auffangen können – wenn sie es denn wollen, und nicht zuletzt darum geht es. Auch im nur scheinbar (zumindest erzähltechnisch) uninteressanten Mittelschichtambiente, in dem nun mal die meisten Kinder hierzulande aufwachsen, gibt es Herausforderungen, denen sich Kids stellen und die sie mit Mut, Selbstüberwindung und wachsender Charakterstärke bewältigen müssen. Das sind handfeste, existenzielle Themen, zu denen „Blöde Mütze!“ einfühlsam, auch witzig und leicht parodistisch ein weiteres zentrales Thema hinzuaddiert: die Liebe. Dass man angesichts solcher mit bislang nichts vergleichbaren Empfindungen das Herz eines Löwen braucht, erlebt Martin in allen Schattierungen im Rahmen dieses inszenatorisch redlichen, stets sympathischen Sommerfilms. Wenn er sich zwischen seiner Wunschprojektion einer „Traumfrau“ aus der Sonnenmilch-Reklame und Silke zu entscheiden hat, dann steht das Resultat natürlich fest; und doch hängen an dieser schlichten Konstruktion viele wichtige Erkenntnisse: wann man sich und andere wirklich versteht und respektiert, wann man nicht länger in Wunschwelten und falschen Fantasien, vor allem in Vorurteilen und im Vorverurteilen verharrt. Es ist fast schon eine Kunst für sich: einen sonnendurchfluteten Film aus der „Provinz“ so natürlich und unprätentiös erscheinen zu lassen und doch zu einer für Kinder relevanten Substanz vorzudringen.
Horst Peter Koll