Die brillante Mademoiselle Neïla

Die brillante Mademoiselle Neïla

  Freitag, 21. September 2018 - 20:30 bis - 22:15

Ort: Kino achteinhalb

http://squareone-entertainment.com/le-brio

Kategorien: Cesar-Filmpreis, Komoedie, Film, Archiv, Spielfilm, europaeischer Film, Frankreich, Fox, 2018, Scope

Treffer: 1849


Eintritt: 5 Euro

Originaltitel: Le Brio (die Brillanz, die Bravour)

Komödie Frankreich 2017
Kinostart: 14. Juni 2018
95 Minuten
FSK: ab 0; f

Regie: Yvan Attal
Kamera: Rémy Chevrin
Musik: Michael Brook 
Schnitt: Célia Lafitedupont

Darsteller: 
Daniel Auteuil (Pierre Mazard) · Camélia Jordana (Neïla Salah) · Yasin Houicha (Mounir) · Nozha Khouadra (Neïlas Mutter) · Nicolas Vaude (Grégoire Viviani) · Jean-Baptiste Lafarge (Benjamin de Segonzac) · Virgil Leclaire (Keufran) · Zohra Benali (Neïlas Großmutter) · Damien Zanoly (Jean Proutot) · Jean-Philippe Puymartin (Wettbewerbspräsident)
 

Filmhomepage

Kritiken:
Kritik von Gerhard Midding im Filmmagazin EPD
Kritik von Michael Ranze auf Programmkino.de
Kritik von Tilman Krause in der Welt
Kritik von Anne-Katrin Müller auf der Webseite Kunst und Film 
Kritik von FalkStraub auf Kino-Zeit.de
  
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Kurzkritik Filmdienst
Ein eitler französischer Rhetorik-Professor wird von der Universität verdonnert, eine Jura-Studentin aus den Banlieues von Paris in der Kunst des Disputierens zu schulen, da er gegen sie während einer Vorlesung ausfällig wurde. Das Duell der beiden ungleichen Streithähne kommt nicht ohne jede Menge gegenseitiger Vorurteile und explosiver Reibungen aus, schließt aber auch einen versöhnlichen Brückenschlag mit ein. Die anfangs kühl beobachtende, auf Dauer aber warmherzige Komödie ist ein Geschenk an die beiden Hauptdarsteller und plädiert nachdrücklich für Toleranz und Humanität.  

Trailer (123 Sekunden):


ausführliche Kritik Filmdienst
Das Thema Diskriminierung und Rassismus beschäftigt Yvan Attal, den man eher als Schauspieler kennt, nicht erst seit dieser Dramödie. Schon in „#The Jews“ (2016) nahm er sich des „neuen“, in Frankreich erschreckende Blüten treibenden Antisemitismus an. Diesmal geht es um die Aufstiegschancen nordafrikanischer Migrantenkinder. Was passiert, wenn eine den Pariser Banlieues entkommene Jura-Studentin auf einen Professor trifft, der seine rassistischen Antipathien in der Öffentlichkeit auslebt? Zunächst kommt ein Feuerwerk an entlarvenden Dialogen in Fahrt, für das man dankbar ist. Als Neïla am ersten Tag des Semesters den Hörsaal verspätet betritt, bringt sie Professor Pierre Mazard, von Daniel Auteuil bis in die hinterste Frustrationsfalte meisterlich verkörpert, richtig in Rage. Statt seine Vorlesung fortzusetzen, rächt Mazard sich für die Störung mit einer Kaskade an Beleidigungen und misogynen Unterstellungen. Das ist in Zeiten omnipräsenter Smartphones ein selbstmörderisches Manöver, denn sein Ausraster landet postwendend auf Youtube. Was nicht ohne Folgen bleibt. Der Dekan sieht sich gezwungen, auf den verbalen Grenzübertritt zu reagieren, und verdonnert Mazard dazu, dem Opfer dahingehend zu helfen, dass es den alljährlichen Rhetorikwettbewerb gewinnen kann. Bei Weigerung droht ihm ein Disziplinarverfahren. Neïla ist durch ihre Sozialisation als Tochter einer alleinerziehenden Mutter nicht auf den Mund gefallen und schießt in ihrer aggressiven Art gerne übers Ziel hinaus. Aber die Stringenz von Mazards Argumentationsketten schüchtert sie durchaus ein. Das Arrangement bietet ihr dennoch die Chance eines exklusiven Unterrichts bei einem zwar zynischen, aber durchaus hellsichtigen Lehrer, der den Vorzug hat, die Härten des Lebens fern aller „political correctness“ beim Namen zu nennen. Das Duell der ungleichen Streithähne, das sich fortan nicht zuletzt auch um das Thema der gelungenen Integration entspinnt, kommt nicht ohne jede Menge gegenseitige Vorurteile und explosive Reibungen aus, ist aber so angelegt, dass eine Versöhnung stets möglich erscheint. Die Inszenierung greift alltägliche Konflikte auf, ohne in einem bleiernen Lehrstück zu erstarren. Die Kontrahenten kommen sich näher, lieben und hassen sich, durchleben gemeinsam manche skurrile Mutprobe, arbeiten sich an Schopenhauers „Eristischen Dialektik“ ab und wachsen über sich hinaus. Auch als Zuschauer lernt man einiges über die Spitzfindigkeiten einer Sprache, die mehr sein kann als ein Vehikel der Geschwätzigkeit. Die Komödie ist als ebenso intelligente wie mitunter sehr lustige Variation des Pygmalion-Stoffs ein Geschenk an die Darsteller. Attal gelingt trotz einer anfangs kühlen Beobachtungsmanie ein warmherziges Psychotop, das das Streben nach Humanität und Toleranz mit Sinn für die Widersprüchlichkeiten der Gegenwart feiert.
Alexandra Wach