Seniorenkino: Saiten des Lebens (A late Quartet)

Seniorenkino: Saiten des Lebens  (A late Quartet)

Dienstag, 02. Oktober 2018 - 15:30

Ort: Alte Exerzierhalle am Neuen Rathaus

http://www.saitendeslebens.senator.de/

Kategorien: US-amerikanischer Film, Kooperation, Film, Archiv, Spielfilm, Seniorenkino, Central, 2018, Seniorenbeirat der Stadt Celle

Treffer: 1800


Ort: Alte Exerzierhalle am Neuen Rathaus
Einlass: ab 14.30 Uhr
Eintritt: 4,00 €
Kaffee und Kuchen für 2,50 €

 

USA, 2012
Kinostart: 2. Mai 2013
Länge: 105 Minuten
Regie: Yaron Zilberman
Musik: Angelo Badalamenti 
FSK: ab 6 Jahre
Verleih: Senator über Central, 35mm

Darsteller: Philip Seymour Hoffman (Robert Gelbart), Christopher Walken (Peter Mitchell), Catherine Keener (Juliette Gelbart), Mark Ivanir (Daniel Lerner), Imogen Poots (Alexandra Gelbart), Liraz Charhi (Pilar), Anne Sofie von Otter (Miriam Mitchell), Madhur Jaffrey (Dr. Nadir), Wallace Shawn (Gideon Rosen)

Filmhomepage, WIKIPEDIA, Programmkino.de, Pressespiegel  

Kurzkritik Filmdienst

Der Cellist eines seit 25 Jahren bestehenden Streichquartetts erkrankt an Parkinson und kündigt seinen Rücktritt an, was eine Kettenreaktion unter den Kollegen in Gang setzt, in der alte Konflikte, Lebensthemen und verdrängte Sehnsüchte aufbrechen. Klug austariertes und ergreifendes Drama, dessen ruhige Inszenierung den Schauspielern Raum lässt, um ihren Figuren Tiefe und Charakter zu geben. Empfohlen ab 14 Jahren.

ausführliche Kritik

Begierig saugen die jungen Schüler des Cellisten Peter jedes seiner Worte über Beethovens Streichquartett Nr.14 in Cis-Moll auf. Die sieben Sätze gehören ohne Pause gespielt, auch wenn sich die Instrumente in dieser langen Zeitspanne verstimmen. Was soll man tun? Aufhören oder weiterspielen und mühevoll versuchen, aufeinander einzugehen?

In Musik und Leben gilt das auch für die Mitglieder von Peters Quartett „The Fugue“. Nach 25 Jahren gemeinsamem Arbeitens an den größten Kammermusikstücken der Welt stehen der kultivierte Peter, die perfektionistische Erste Geige Daniel und das Ehepaar Robert und Jules an Geige und Bratsche vor dem Aus. Denn Peter ist krank. Erste Anzeichen von Parkinson, das Versteifen der Finger, die fliehende Konzentration bestärken den Witwer darin, zurückzutreten – gegen den Willen seiner Kollegen. Als Robert dann auch noch den Aufstand probt, weil er wortwörtlich nicht mehr die zweite Geige spielen will und die fehlende Unterstützung seiner Frau mit einem Seitensprung quittiert, ist die Verstimmung vorprogrammiert. Fast schon zu schrill wird diese aber erst, als seine Tochter Alexandra ausgerechnet seinem Konkurrenten Daniel näher kommt.

Es sind vier Faktoren, die diese Konstellation, begleitet von wehmütigen Streicherklängen, davon abhalten, zum seichten Liebesdramolett zu verkommen: Würdevoll schreiten sie zu Beginn hintereinander zur Mitte eines komplett in hellem Holz getäfelten Konzertsaals. Applaus brandet auf, eine kurze Verbeugung und vier Namen blenden sich über den Musikern ein, die ihre Instrumente wie Waffen vor sich hertragen: Philip Seymour Hoffman, Christopher Walken, Mark Ivanir und Catherine Keener. Auch wenn sich Hoffman seit seinem „Oscar“ für „Capote“ (fd 37 492) vor acht Jahren bereits in dieser Mitte befindet, scheinen auch Walken und Keener nach jahrzehntelangen Nebenrollen-Existenzen dort endlich angekommen zu sein. Sie geben ihren Figuren jene emotionale Tiefe, die das Drehbuch und eine ruhige, bescheidene Inszenierung intendieren.

„Saiten des Lebens“, der im Original den weniger esoterischen Titel „A Late Quartet“ trägt, feierte in den USA auf denselben Festivals Premiere wie Dustin Hoffmanns kürzlich gestarteter Seniorenfilm „Quartett“ (fd 41 509). Für Hoffmanns ausgedienten Musiker eines mondänen Altersheims schien die größte Sorge darin zu bestehen, ob zum Fünf-Uhr-Tee Plätzchen gereicht werden. Die jüngeren Figuren des Films von Yaron Zilberman wirken dagegen wie kostbare Notenblätter, die zwar ebenfalls welker wurden, auf die das Leben aber interessantere Randbemerkungen gekritzelt hat. Sie sind ehrlich genug, sich ihre Schwächen einzugestehen und sich ihnen zu stellen, auch wenn dies in Streit und Trennung zu münden droht. Es ist eine ergreifende und ehrliche Geschichte über sexuelles Begehren, alte Kränkungen und neue Krankheiten, auch wenn die Parallelen zwischen Musik und Leben dabei so schwermütig ausgespielt werden wie die Adagio-Fuge des ersten Satzes.
Kathrin Häger, Kritik aus film-dienst Nr. 9/2013.