The Danish Girl (zu Besuch Referentin Kristina Schneider)

Freitag, 26. Februar 2016 - 20:30

Sonntagnacht ist die Oscarverleihung. Danish Girl ist für vier Oscars nomminiert.

Nach dem Film bewertet die Transexuelle Christina Schneider den Film aus ihrer Sicht und beantwortet Fragen.

 

Ankündigung von Film und Referentin in der CZ.


Eintritt: 5,00 €
Das Kino öffnet um 19.45 Uhr

Biopic Großbritannien 2015
Kinostart: 7. Januar 2016
120 Minuten

Regie: Tom Hooper  (u.a. Elizabeth I, The King's Speech, Les Misérables)
Buch: Lucinda Coxon    
Vorlage: David Ebershoff (Roman "Das dänische Mädchen")    
Kamera: Danny Cohen    
Musik: Alexandre Desplat    
Schnitt: Melanie Oliver    

FBW: Prädikat besonders wertvoll 

Darsteller: Eddie Redmayne (Einar Wegener / Lili Elbe), Alicia Vikander (Gerda Wegener), Matthias Schoenaerts (Hans Axgil), Ben Whishaw (Henrik), Amber Heard (Ulla), Sebastian Koch (Warnekros), Emerald Fennell (Elsa), Adrian Schiller (Rasmussen), Pip Torrens (Dr. Hexler), Nicholas Woodeson (Dr. Buson), Philip Arditti (Dr. McBride), Sophie Kennedy Clark (Ursula)

Der Filmdienst ist seit Jahren die führende deutsche Kinofilmfachzeitschrift. Da die Kritiken des Filmdiensts nicht ohne weiteres zugänglich sind, drucken wir sie hier ab, unabhängig ob sie positiv oder negativ ausfallen. Unser Ehrgeiz ist es nicht, Interessierte mit hohlen Versprechungen oder plakativen Etikettierunen wie "Kunstfilm" oder "besonderer Film"  ins achteinhalb zu locken. Die wenigstens Filme erhalten vom Filmdienst eine positive Kritik. Es ist daher durchaus so, dass Filme, die dort nicht so positiv "wegkommen", ansonsten durchweg positive Kritiken erhalten haben und wir auch einige Filme "klasse" gefunden haben, die vom Filmdienst kritisch bewertet worden sind. Es ist halt eine Meinung unter mehreren, aber in der Regel eine fundierte. Die höchste Auszeichnung ist das Prädikat "sehenswert", die Altersempfehlung ist eine pädagogische.
Kurzkritik Filmdienst

Auf der wahren Lebensgeschichte der dänischen Malerin Lili Elbe (1882-1931) beruhender Film über eine transsexuelle Pionierin, die Anfang der 1930er-Jahre eine operative Geschlechtsumwandlung durchführen ließ. Der Film berührt als Melodram darüber, was diese Entscheidung für ihre Ehe bedeutet, engt die Perspektive auf seine Protagonistin aber sehr stark ein. - Ab 14.

Filmhomepage, Wikipedia, Programmkino.de, epd-Film  
Pressespiegel   

Trailer 1 (187 Sekunden):



Trailer 2 (187 Sekunden):
 


11-minütiger Bericht von Pro7:



ausführliche Kritik Filmdienst

Die Dänin Lili Elbe war eine Frau. Dessen war sie sich, obwohl sie 1882 als Einar Mogens Wegener geboren wurde, so sicher, dass sie ihr Leben dafür aufs Spiel setzte, ihrer inneren Wahrheit auch eine körperliche Realität zu geben. In den frühen 1930er-Jahren ließ sie in Deutschland drei geschlechtsumwandelnde Operationen an sich vornehmen, wohl wissend, dass der damals völlig neuartige Eingriff für sie tödlich enden könnte.
Die Geschichte dieser transsexuellen Pionierin, die vor ihrer Geschlechtsumwandlung als Landschaftsmaler Karriere machte und mit der Malerin Gerda Gottlieb verheiratet war, stellt einen Filmemacher vor eine Grundsatzfrage: Besetzt man die Hauptfigur mit einem Schauspieler oder mit einer Schauspielerin? Letzteres wäre mehr im Sinne der historischen Figur gewesen, und tatsächlich kursierten während Entwicklung des Filmprojekts die Namen weiblicher Stars für die Hauptrolle, u.a. der von Charlize Theron oder Uma Thurman. Dass das Rennen schließlich der Brite Eddie Redmayne machte, ist indes das geringste Problem, mit dem der Film von Tom Hooper zu kämpfen hat. Redmayne macht seine Sache gut: Die sinnlichen Szenen, die verfolgen, wie Einar beginnt, die Frau in sich von der Leine zu lassen – zunächst lustvoll-neugierig, bald aber mit wachsender Beunruhigung begleitet von Gerda – setzt er mit bemerkenswerter Grazie um. Allerdings scheut die Inszenierung davor zurück, der Figur bei der Entdeckung ihrer Geschlechtlichkeit konsequent zu folgen: Schmiegt sie sich zunächst noch genüsslich mit Einar in die neue Erfahrung, die das Tragen von Seidenstrümpfen und Röcken sowie die Kultivierung einer anderen Körpersprache bedeutet, scheut Hooper zurück, je ernster es Einar damit wird, sich in Lili zu verwandeln. In einem Film, in dem es um einen Konflikt zwischen physischer und psychischer Identität geht, vermeidet der Regisseur jede direkte Auseinandersetzung mit dem Körper: Lili erscheint vor dem Auge des Zuschauers daher mehr als Pose denn als „handgreiflicher“ Mensch.
Gleichzeitig setzt Hooper allzu forciert darauf, aus Lilis Lebensgeschichte ein Melodram zu machen, das anrühren, aber nicht herausfordern soll. Und wo ihm das mit den stilvollen „Period Picture“-Bildern allein nicht gelingt, scheint einem die illustrative Musik von Alexandre Desplat die Tränen geradezu gewaltsam abringen zu wollen. Dabei verengt die Filmerzählung die Biografie so radikal aufs Private, dass sie fast im luftleeren Raum zu schweben scheint. Einars Entscheidung, sich auch äußerlich in Lili zu verwandeln, wird fast nur in Bezug auf ihre Ehe thematisiert. Die Liebesgeschichte mit Gerda, die auf dem Gipfel jungvermählter Harmonie beginnt, dann in eine Krise gerät und sich allmählich in eine tiefe Freundschaft verwandelt, bildet das Herzstück des Films – und weiß als intimes Porträt einer ungewöhnlichen Zweierbeziehung durchaus zu überzeugen. Gleichzeitig wird man aber den Eindruck nicht los, es dabei mit einem „Gemälde“ zu tun zu haben, das die Lebensrealität seiner Figur stark beschneidet und damit ähnlich künstlich-dekorativ wirkt wie jene Art Deco-Bilder, die Gerda von Lili malt.

Felicitas Kleiner, FILMDIENST 2016/1