Die Yes Men - Jetzt wird's persönlich (The Yes Men are revolting)

Mittwoch, 09. September 2015 - 19:30

Eintritt frei
Reservierung 1 Euro

Dokumentarfilm USA/Deutschland/Niederlande/Dänemark/Finnland 2014
Kinostart: 20. August 2015
92 Minuten

Produktion: Jacques Servin, Igor Vamos, Laura Nix, Christian Beetz, Rita Dagher, Ole Tornbjerg    
Regie/Buch: Laura Nix, Andy Bichlbaum, Mike Bonnano    
Kamera: Keil Troisi, Raul Barcelona, Martin Boudot, Christopher Clements, Brandon Jourdan, Laura Nix, Sam Spreckley    
Musik: Didier Leplae, Joe Wong    
Schnitt: Geraud Brisson, Claire L. Chandler, Søren B. Ebbe 

 

Kurzkritik Programmkino.de

Zum dritten Mal agieren die beiden Mitglieder der Aktivisten Gruppe Yes Men in einem Film über ihre Aktivitäten, der diesmal ein wenig über ihr Privatleben verrät, ansonsten aber die gleiche Form einnimmt wie die Vorgänger: Das Duo versucht mit bizarren, originellen Aktionen Aufmerksamkeit für all die Missstände zu erzeugen, die die Welt bedrohen. Klassisches Agitationskino. 

 

Filmhomepage, Filmseite des Verleihs, Programmkino.de      
Video-Besprechung bei Spiegel Online

 

Trailer:

ausführliche Kritik Filmdienst

Manchmal muss man Andy Bichlbaum und Mike Bonnano, besser bekannt als die Yes Men, einfach für ihren Mut und ihre Chuzpe bewundern. Wenn sie, angetan mit Anzug und Krawatte, unter dem Banner der US-Handelskammer eine Pressekonferenz abhalten, bei der sie den verwunderten Reportern einen radikalen Kurswechsel der US-Klimapolitik ankündigen und sich sogar für die Einführung einer CO2-Steuer aussprechen, sind die Grenzen zur Amtsanmaßung und Täuschung überschritten. Köstlich ist auch, wie sie auf dem Klimagipfel in Kopenhagen im Namen Kanadas verkünden, dass die Regierung die Verantwortung für die verheerenden Folgen des nationalen Ölsandabbaus anerkennt und für den dadurch entstandenen Schaden aufkommen werde. Einmal sieht man die beiden Männer sogar als Vertreter von Shell, die für Ölbohrungen in der Arktis werben. Schließlich muss Shell ja Geld verdienen. Eine beneidenswerte Frechheit, die den Humor mit großer Abenteuerlust in die Protestbewegung trägt. Bichlbaum und Bonnano, die gemeinsam mit Laura Nix auch Regie führten, übernehmen dabei wie Schauspieler Rollen, die sie – notfalls improvisierend – durchhalten müssen, wenn sie mit ihrer Charade nicht vorzeitig auffliegen wollen. Ärger gibt es trotzdem, denn nicht jeder findet die Yes Men lustig, und manchmal müssen auch Fluchtwagen bereit stehen.
Seit über 15 Jahren inszenieren die Yes Men solche Guerilla-Aktionen, mit denen sie Konzerne und Regierungen bloßstellen, um ebenso witzig wie erkenntnisreich auf die negativen Folgen der Globalisierung und des Klimawandels aufmerksam zu machen. Ihr nach „The Yes Men – Globalisierung, nein danke!“ (2003) und „Die Yes Men reparieren die Welt“ (2009) bereits dritter Film ist, der deutsche Titel deutet es an, durch eine private Komponente geprägt. Andy Bichlbaum und Mike Bonnano – die eigentlich Jacques Servin und Igor Vamos heißen und als Universitätsprofessoren arbeiten – sind inzwischen über 40, und fast hat sie so etwas wie eine Midlife Crisis im Griff. Zuviel Kraft, Mühe und Zeit haben ihre Aktionen in den letzten Jahren gekostet; Agitprop und Privatleben vertragen sich schon lange nicht mehr. Außerdem stellt sich die Frage, ob ihr Kampf überhaupt noch einen Sinn hat? Wird die Klimapolitik in absehbarer Zeit nicht in eine Katastrophe führen – trotz aller Bemühungen? Die Yes Men zweifeln, Mike verlässt mit Frau und Kindern New York und zieht für einige Zeit nach Schottland, Andy bleibt ernüchtert zurück. Er hat für das Engagement bei den Yes Men sein privates Glück, die Beziehung zu einem anderen Mann, geopfert und ist nun allein. Über fünf Jahre hinweg, von 2009 bis 2014, verfolgt der Film das Auf und Ab dieser Freundschaft und dokumentiert dabei aus wechselnder Perspektive die beiden Protagonisten zwischen Euphorie und Niedergeschlagenheit, Tatendrang und Lethargie.
Für Puristen ist dies vielleicht kein Dokumentarfilm mehr, weil Bichlbaum und Bonnano mit ihren Befindlichkeiten zu sehr im Vordergrund stehen, nicht zu vergessen die beabsichtigte Unterhaltsamkeit, die in ihrer Komik durchaus an Michael Moore erinnert. Allerdings geht der Humor auch zu Lasten der Macher, die mit ihren Clownerien gelegentlich Schiffbruch erleiden und Niederlagen einstecken müssen. Der Spagat zwischen privatem und öffentlichem Leben findet am Schluss eine Auflösung: Die Yes Men raufen sich noch einmal zusammen, um – angetrieben durch die Occupy-Bewegung – eine weitere Aktion zu starten. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.
Michael Ranze, FILMDIENST 2015/17